Der Ursprung des Tarot
12 Feb
Autor: admin - Kategorie: Spiele
Die Spielkarten
Das älteste uns bekannte Kartenspiel stammt aus Venedig, wo es seit dem 14. Jahrhundert verwendet wird. Es besteht aus 78 Karten; die Zahl 78 entspricht der Addition der gesamten Zahlenreihe von 1 bis und mit 12. Das Kartenspiel wird in zwei unterschiedliche Kategorien geteilt.
Die erste besteht aus 22 Karten, die Tarot genannt werden. Es handelt sich um symbolische Kompositionen, die offensichtlich zu ganz anderem Zwecke als dem Spiel geschaffen wurden und die Spieler verwirren. Diese wissen daraus nur Trümpfe zu machen, denen sie den Wert ihrer Ordnungszahl geben, ohne sich im mindesten um das Sujet der Karte zu kümmern. Man könnte sie ebenso gut durch weiße, nur mit der entsprechenden Zahl versehene Karten ersetzen. Es ist aber noch folgerichtiger, die eigentlichen Tarotkarten überhaupt aus dem Spiel zu entfernen, wie die spanischen Spieler, die nur die 56 anderen Karten bewahrt haben. Diese zweite Kategorie teilt man in vier Sätze oder „Farben“ von je 14 Karten. Sie unterscheiden sich durch folgende Symbole: den „Stab“, den „Kelch“, das „Schwert“ und die „Münze“, welche „Kreuz“, „Herz“, „Pik“ und „Karo“ der gebräuchlichen Spielkarten entsprechen.
Jeder Satz besteht aus zehn Zahlenkarten: As, 2, 3 etc. bis 10, und aus vier Hofkarten: „König“, „Königin“, „Ritter“ und „Bube“. Alle in den verschiedenen Ländern üblichen Kartenspiele sind mehr oder weniger starke Abänderungen des ursprünglichen Spiels, das sich in seiner Ganzheit in Italien, in der französischen Schweiz, in der Provence und in Ostfrankreich bis zum Elsass erhalten hat. Der Name Tarot ist auf das ganze Spiel übertragen worden, obwohl diese Bezeichnung nur den 22 Karten zukommt, die wie folgt benannt sind:
I | Der Magier |
II | Die Hohepriesterin (Juno) |
III | Die Herrscherin |
IV | Der Herrscher |
V | Der Papst (Jupiter) |
VI | Die Liebenden |
VII | Der Wagen |
VIII | Gerechtigkeit |
IX | Der Eremit |
X | Das Rad des Schicksals |
XI | Kraft |
XII | Der Gehängte |
XIII | Der Tod |
XIV | Die Mäßigkeit |
XV | Der Teufel |
XVI | Der Turm |
XVII | Die Sterne |
XVIII | Der Mond |
XIX | Die Sonne |
XX | Gericht |
XXI | Das Universum |
Der Narr |
Das sogenannte Buch Thot
Bis ins 18. Jahrhundert wurde der Tarot nur als uninteressanter Überrest einer barbarischen Zeit betrachtet. Niemand beachtete ihn, bis im Jahr 1781 das Werk Le Monde Primitif von Court de Gebelin erschien, wo es in Bd. VIII, S. 365 heißt:
„Wenn man erfahren würde, dass in unseren Tagen noch ein Werk der alten Ägypter existiere, eines der Bücher, das den Flammen entrann, die ihre herrlichen Bibliotheken zerstörten, und das ihre wichtigsten Lehren enthält, so wäre zweifellos jeder begierig, ein so wertvolles und außerordentliches Buch kennenzulernen. Würde dem hinzugefügt, dieses Buch sei in einem großen Teil Europas sehr verbreitet und jedermann seit vielen Jahrhunderten zur Hand, so würde sich das Erstaunen gewiss vergrößern. Die Überraschung wäre perfekt, würde uns versichert, der ägyptische Ursprung dieses Buches sei nie erahnt worden, man besitze es, als besäße man es nicht, da niemand je versucht hat, auch nur eine Seite davon zu entziffern, und die Früchte so ausgezeichneter Weisheit würden als eine Ansammlung komischer Figuren betrachtet, die an sich nichts bedeuteten. Müsste man nicht glauben, jemand leiste sich einen Scherz und wolle seine Hörer zum Narren halten? Und doch trifft all dies zu: Dieses ägyptische Buch, einziger Überrest der herrlichen Bibliotheken, existiert heute noch. Es ist sogar so allgemein gebräuchlich, dass kein Gelehrter es je einer Untersuchung gewürdigt hat; vor uns hat niemand je seinen illustren Ursprung geahnt. Dieses Buch ist das TAROT-SPIEL…“
Court de Gebelin behauptete recht willkürlich, der Tarot sei ägyptischen Ursprungs. Es genügte ihm, den symbolischen Charakter der Figuren zu entdecken, die bisher als Phantasieprodukte betrachtet wurden, um sogleich darin Hieroglyphen zu sehen, die den Weisen des tiefsten Altertums zugesprochen werden müssten. Das scheint mir doch ein voreiliger Schluss zu sein.
Doch eine Hypothese, die die Imagination anregt, wird nie aufgestellt, ohne sogleich aufgenommen und ausgedehnt zu werden. Ein Perückenmacher namens Alliette, der unter dem Namen Eteilla zum Hohepriester der Kartomantie wurde, erklärte, der Tarot sei das älteste Buch der Welt und das Werk des Hermes-Thot. Nicht genug damit, hielt er sich auch noch für zuständig, ein so wichtiges Dokument zu revidieren; aber dieser „eher phantastische als gescheite Kopf“ vermochte nur, einen ungenügend vertieften Symbolismus zu verfälschen. Für Ägypten spricht ebenfalls Paul Christian in seiner Histoire de la Magie. Dieser Autor lässt uns an einer Einweihung in die Osiris-Mysterien teilnehmen. Mit ihm dringen wir in die Krypten der großen Pyramide von Memphis ein, wo der Myste schreckliche Prüfungen bestehen muss. Er wird zum Eingang einer Galerie geführt, deren doppelte Wand durch je 12 Pilaster in 22 mit hieroglyphischen Zeichnungen geschmückte Flächen geteilt ist. Dies sind die Prototypen des Tarot. Der Kandidat schreitet nun diese Bilder ab, welche die Geheimlehre der Hierophanten enthalten. Ein Pastophor, ein Wächter der heiligen Symbole, gibt ihm die Erklärungen, welche die initiatorische Unterweisung des Neophyten bilden. Es ist ärgerlich, dass diese Galerie den Ägyptologen ganz unbekannt ist; diese haben keine Spur des Wand-Bilderbuchs des Hermes gefunden, von dem die letzten Eingeweihten eine Kopie angefertigt haben sollen, als sie -von den Christen verfolgt – sich zu fliehen anschickten und das Heiligtum verließen. Nach der hier vorliegenden These seien die heiligen Hieroglyphen, auf tragbaren Täfelchen nachgebildet, den Gnostikern, dann den Alchemisten übergeben worden, von denen sie zu uns gelangten.
Den Verfechtern einer solchen Überlieferung kann man zugestehen, dass die Ideen, die dem Tarot zugrunde liegen, sehr alt sind. Die Ideen haben kein Alter, sie sind so alt wie das menschliche Denken; aber je nach Epoche werden sie unterschiedlich formuliert. Die alexandrinischen philosophischen Systeme haben sie mündlich, der Tarot aber später in Symbolen ausgedrückt. Wenn auch nicht inhaltlich, so zeigt sich doch der Tarot formal als etwas unbezweifelbar Originelles, das in nichts frühere Vorbilder nachahmt. Der Archäologie ist nicht die leiseste Spur von Überresten eines ägyptischen oder eines gnostischen Tarot, ja auch nicht eines alchemistischen Tarot, griechisch-arabischer Herkunft, bekannt.
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